Berlin-Ost: vom Lehmbaufest zum Kolle 37

Im Berliner Neubaugebiet Marzahn fand in den Jahren 1982-1986 jeweils am ersten Wochenende der Sommerferien die Aktion „Lehmbaufest“ statt. Kinder konnten sich mit Unterstützung der Spielwagen-Betreuer eine Hüttendorf aus Knüppelholz, Reisig und Lehm errichten, wobei der Lehm vor Ort war; Marzahn steht auf Lehm. Nach dem Wochenende blieben die Hütten noch zwei-drei Wochen stehen, dann war vom Lehmbaufest nichts mehr zu sehen.

Ausgehend von den Erfahrungen aus Marzahn konzipierten die Spielwagen-Leute 1986 ein Bauspielfest: 30 Spielmobiler aus der DDR kamen in diesem Sommer in Stendal (Bezirk Magdeburg) zusammen, um mit Kindern eines Stendaler Neubaugebietes einen heruntergekommenen Spielplatz neu aufzubauen: es entstanden elf Spielhütten in unterschiedlichsten Formen. Einmal gebaut, blieben die Hütten sich selbst überlassen. Die Anonymität des Neubaugebiets verstärkte den Zerfallsprozess.

Im Kiez um den Kollwitzplatz ergab sich ebenfalls die Gelegenheit, regelmässige Bauspielfeste zu organisieren. Im Rahmen der Aktion „Spiellandschaft Stadt“ wurden insgesamt fünf Spielplätze nach Modellen von und mit Kindern umgebaut. Der Spielwagen stand immer wieder auf dem Kollwitzplatz im Prenzlauer Berg, zwischen Kindern und Betreuern entstand eine gute Beziehung. 1984 entwarf Maryn Sorge das Konzept für einen Bauspielplatz, das bei den Behörden keinerlei Unterstützung fand.

Bauspielfest 1988, Kollwitzplatz, Form & Zweck 6/1988, S. 23 und 24

Erst nach der Wende, im Februar 1990, konnte der Platz eröffnet werden: Es war einer leerer Fleck Erde von 800m2: der abenteuerliche Bauspielplatz Kolle 37. In einem Zelt lagerten Werkzeug und Nägel. Kinder begannen erste Hütten zu bauen, machten erstmals Feuer und unternahmen die erste Ferienfahrt. Ende 1990 zerstörte ein Feuer alle Hütten und kam auch dem Nachbarshaus Kollwitzstrasse 37 gefährlich nahe. Die Verwaltung drückte ein Auge zu.

1991 konnte die Fläche erstmals vergrössert werden. Über die Jahre vergrösserte sich der Platz auf 3’500m2.

Unzählige andere Projekte entstanden aus Spielwagen und waren im Prenzlauer Berg zu Hause: Spielunke, Kolliwood, Kindermedienwerkstatt. 1990 schlossen sie sich die 35 Projekte im Netzwerk Spiel-Kultur zusammen.

Quellen:

Meta Sell, Festrede zum 18. Geburtstag des ASP, Berlin 2008.

Form und Zweck 1988/6

Deutsches Kinderhilfswerk e.V. / Landesfachgruppe Spielmobil NRW und IPA _ Recht auf Spiel e.V., Das Spielmobilbuch – Eine Lobby für Spielräume und Kinderrechte, FIPP Verlag, Berlin 1990.

veröffentlicht am 6.9.2021