Pro Juventute – Katalysator der Spielplatzidee in der Schweiz
Die Pro Juventute (1912 gegründete Stiftung für Jugendfürsorge) widmete sich schon früh dem Thema Freizeit, das in den industrialisierten, städtischen Gesellschaften immer drängender wurde. Unter dem Zentralsekretär Alfred Ledermann (geb. 1919) übernahm die Pro Juventute in diesem Thema in Europa eine führende Rolle, die Spielplatzidee lag Ledermann dabei besonders am Herz. Er formulierte die wichtigsten Anforderungen an einen Spielplatz für Kleine und Grosse.
1953 fand der V. Internationale Kongress für Schulbaufragen und Freilufterziehung unter dem Patronat der Pro Juventute in der Schweiz statt. (Congrès des écoles de plein air: Paris 1922, Bruxelles 1931, Bielefeld 1936, Firenze 1949, Schweiz 1953) Gleichzeitig fand im Gewerbemuseum der Stadt Zürich (heute Museum für Gestaltung) die Ausstellung „Das neue Schulhaus“ statt. Sie wurde von Willy Rotzler und Alfred Roth kuratiert. Rund 120 Teilnehmer aus 17 Ländern nahmen am Kongress teil.
Neben dem Hauptthema, dem fortschrittlichen Schulhausbau, widmeten sich Referenten und eine Sektion der Ausstellung dem Thema Spielplatz, u.a. wurde der vorbildliche Spielplatz von Alfred Trachsel „Sonnengarten“ gezeigt. Bei dieser Gelegenheit kam A. Trachsel mit A. Ledermann in Kontakt und sie entwarfen zusammen das Konzept des Robinson-Spielplatzes und des Gemeinschaftszentrums.
Der erste Robinson-Spielplatz
Die Idee des Robinson-Spielplatzes entstand aus der Notwendigkeit, eine spielerische Herausforderung für ältere Kinder zu schaffen. Bis anhin gab es v.a. Spielplätze für kleinere Kinder. Alfred Ledermann interessierte sich für das Anliegen, auch weil er selbst Vater dreier Kinder war.
Zusammen mit Alfred Trachsel, Architekt beim Hochbauamt Zürich, besuchte er alle Kinderspielplätze in Zürich und suchte einen geeigneten Ort, um seine Idee zu realisieren. Alfred Trachsel hatte anfangs der 50er Jahre in seiner Wohngenossenschaft einen Spielplatz in Eigenregie realisiert („Sonnengarten“, Siedlung Triemli Zürich).
in Zürich-Wipkingen fand sich eine Wiese. Alfred Ledermann konnte von der Stadt die Pacht für die Wiese übernehmen und hier wurde 1953/4 der erste „Robinson-Spieplatz“ eingeweiht: eine leere Wiese, Baumaterialien und ein altes Tram. Wie Robinson Crusoe auf der einsamen Insel durften Kinder hier ihre eigene Welt schaffen.
Trachsel und Ledermann hielten unzählige Vorträge über das neue Spiel- und Begegnungskonzept und bewirkten im Zürcher Gemeinderat Interpellationen zur Schaffung von Robinson-Spielplätzen und Gemeinschaftszentren.
1954 wurde in Rüschlikon, im „Park im Grüene“ (Dutti-Park, gestiftet von Gottlieb und Adele Duttweiler) auf Initiative der Genossenschaft Migros ein Robinson-Spielplatz eröffnet. Dieser bestand nur für kurze Zeit.
Bald interessierten sich andere Städte für die Idee. Es entstanden Kontakte in alle Welt. Vorbild des Robinsonplatzes war der anfangs der1940er Jahre in Dänemark entstandene Bauspielplatz oder „Skrammellegepladsen“ des dänischen Landschaftsarchitekten C. Th. Sørensen.
1956-58 eröffnen weitere Robinson-Spielplätze im Heuried, in Leimbach und in Riesbach.
1957 wird der Robinson-Spielplatz in Wipkingen durch zwei Baracken mit Theaterraum und Werkstatt zur ersten Freizeitanlage (Gemeinschaftszentrum) erweitert. Am Bucheggplatz entsteht eine provisorische Freizeitanlage, die 1958 von einer neuen Anlage abgelöst wird. Die Freizeitanlagen werden von der Pro Juventute betrieben, die finanziellen Mittel erhält sie von der Stadt.
In der Folge begann das städtische Bauamt mit der systematischen Planung von Gemeinschaftszentren und es entstehen in allen Zürcher Quartieren solche Zentren, die den Bedürfnissen aller Bevölkerungsgruppen gerechte werden sollten. Diese Zentren bestehen bis heute und sind Träger von sozio-kulturellen Aktivitäten in den Quartieren.
Quellen:
Pro Juventute Spielplätze für Kinder, Schweizerische Monatsschrift für Jugendhilfe, Jg. 34, September 1953, Zürich, S.341-346.
Pro Juventute im Wandel. Zum Abschied von Zentralsekretär Dr. Alfred Ledermann. Zeitschrift Pro Juventute, Nr. 10/I-1979, Schweizerische Monatsschrift für Jugendhilfe Jg. 60, September 1979, Zürich, S. 23-29; 74-76.
Hans Thalmann: Konzeptionen von Jugend- und Freizeitzentren im Kanton Zürich, Diss., Uster, 1974, S. 132 ff.
Gespräch mit Alfred Ledermann, Juni 2009
letzte Änderung: 12.1.2012; 1.4.2020
Robinson-Spielplatz, Zürich, aus: Bengtsson, Arvid
Skrammellegeplads, Emdrup, Dänemark, 1943
aus: Ledermann/ Trachsel, 1959, „Robinson“-Spielplatz, Zürich, 1954
GZ Wipkingen, Zürich, Hannes Trösch, 1955-59